Red Dot Design Yearbook 2022/23

Worin sehen Sie die Innovation, die Ihre Prothese Esper Hand auszeichnet?
Es ist eine Kombination aus mehreren Faktoren: anatomisches Design; die Einfachheit der Teilefertigung; Modularität; Skalierbarkeit.

Design und Technologie gehen bei der Esper Hand eine starke Verbindung ein – wie hat das den Kreativprozess beeinflusst?
Das war eine echte Herausforderung. Die Grenzen von beidem, der Mechanik und der Ästhetik, können einem schwer zusetzen. Aber wenn man es am Ende doch schafft, beides zu vereinen, steigt man wie Phönix aus der Asche auf und kann Dinge tun, die man vorher nicht konnte. Das ist ein erhabenes Gefühl.

Welches Gefühl wollen Sie den Nutzern durch die Ästhetik vermitteln?
Wir möchten, dass sich die Espers – so nennen wir unsere Nutzer – bei der Erledigung alltäglicher Aufgaben wohlfühlen. Sie sollen sich wertvoll, selbstbewusst und unabhängig fühlen.

Was war die wichtigste Erkenntnis, die Sie während des Entwicklungsprozesses gewonnen haben?
Dass es nicht einfach darum geht, ein Produkt zu entwickeln. Es geht darum, Millionen von Lebensgeschichten neu zu schreiben, sie zu verbessern. Es geht darum, Menschen dabei zu helfen, ein erfüllteres Leben zu führen.

Wie gehen Sie an einen neuen Auftrag heran?
Design folgt einer umfassenden und ganzheitlichen Methodik aus Bedürfnis, Vision und Prozess. Jedes neue Produkt stellt eine neue Herausforderung dar mit seinen eigenen Prinzipien, Regeln und Zielen. Das ist, was die Entdeckungsreise des Industriedesigns so spannend macht.

Was braucht es, um als Designer erfolgreich zu sein?
Die Grundlage, um ein erfolgreicher Designer zu werden, steht auf vier wesentlichen Säulen: Fokus, Übung, Mentoring und Leidenschaft. Die Fokussierung auf das Ziel ist unerlässlich, denn wenn man etwas gestaltet, kommen viele Faktoren ins Spiel, die beachtet werden müssen: die Bedürfnisse, die das Produkt erfüllen muss, die Funktionalität, die es haben oder entwickeln sollte, eine Ästhetik, die auf der Funktionalität fußt, die Emotion, die es auslöst, und vieles mehr. Wenn man ein Projekt erfolgreich zu Ende bringen will, ist es deshalb wichtig, die Zielsetzung im Auge zu behalten und sich nicht in unzähligen Details zu verlieren. Dank Übung und Training wissen Designer, was funktionieren kann und was nicht, was schon mal gemacht wurde, welche Wirkung und welches Feedback es auslöste. Das erlaubt ihnen, die branchenspezifischen Fähigkeiten zu entwickeln, die man braucht, um ein Projekt auf ein höheres Niveau zu bringen. All dies ist mit Mentoring verwoben. Hierbei geht es um die Fähigkeit, zu lernen und für Inspiration offen zu sein. Leidenschaft ist das letzte wesentliche Erfolgselement, denn in einer Welt wie der heutigen, die immer mehr zur Standardisierung neigt, ist es die Leidenschaft, die es dir ermöglicht, in jeden Markt tiefer einzudringen und so dem Produkt den Mehrwert zu geben, den es braucht, um darin einzigartig zu sein.

Wie gehen Sie an einen neuen Auftrag heran?
Das wichtigste Merkmal eines Projektes ist, einen Sinn
zu haben, d. h. ungelöste Bedürfnisse und Wünsche zu erfüllen. Es ist möglich, von Fall zu Fall Antworten auf bestimmte Probleme zu finden und dabei neue Konstruktionsweisen zu entwickeln, die oft unerwartete Ergebnisse zutage fördern. Man geht in eine Richtung und entdeckt manchmal auf dem Weg, dass man sie ändern sollte: Die richtige Idee kommt durch das Machen, selbst wenn man dabei unglaubliche Umwege geht. Die Erfahrung in der Praxis erlaubt einem zu testen, welche unter vielen möglichen Ideen wirklich machbar ist. So entdeckt man zwischen Denken und Tun den Wert der Zirkularität. Ich versuche, mit einer konstruktiven Idee zu beginnen, nicht mit einem fixen Repertoire an Formen. Denn anfangs gibt es keine Form. Sie offenbart sich erst mit der Zeit. Man fängt am besten mit einem kreativen Erfindergeist an, der in Einklang mit zeitgenössischen Techniken ist, da eine vordefinierte Sprache zu standardisierten Formen führen würde. Das widerspricht der Idee, dass Reichtum die Möglichkeit der Variation, der Differenzierung und somit einer originellen Identität beinhaltet.

Warum sind Sie Designer geworden?
Schon als Kind war ich davon fasziniert, wie Dinge hergestellt werden und habe viele auseinandergenommen. Ich weiß nicht, wie viele Flugzeugmodelle ich bei dem Versuch, ihre akrobatischen Fähigkeiten zu verbessern, kaputtgemacht habe. Der „Bausatz“ hat mir nie gereicht. Mir gefiel die Idee, ein Flugzeug zu bauen, das ich selbst entworfen hatte. So fand ich mich später am Politecnico di Milano wieder, im Studiengang Maschinenbau.