ANTI
Basierend auf den architektonischen Gegebenheiten des namensgebenden Stadtviertels in Oslo, ist die Schrift „Marienlyst Display“ das Herzstück seiner neuen Identität. Sie birgt Historie und vermittelt zugleich die Idee einer lebendigen Zukunft – ANTI ist ein Font gelungen, der viel erzählt und zugleich ein Lebensgefühl einfängt.
Interview mit ANTI
Red Dot: Die Marienlyst entstand im Rahmen einer neuen Identität für das gleichnamige Stadtviertel in Oslo. Können Sie etwas zur Entwicklung sagen?
ANTI: Vor mehr als 80 Jahren zog der norwegische Sender NRK in diesen Stadtteil und prägte ihn erheblich. In ein paar Jahren wird der NRK nun seine historischen Gebäude verlassen, die Geschichte von Marienlyst geht jedoch weiter. Die Idee hinter der variablen Schriftart war es, das Erbe und die Geschichte einzufangen und gleichzeitig den Wandel des Viertels zu vermitteln. Der Font spielt eine zentrale Rolle in der Identität und wurde mit Blick auf flexible Animationen entworfen, da das Erscheinungsbild in den ersten Jahren hauptsächlich auf digitalen Formaten zu sehen sein wird. Marienlyst ermöglicht eine spielerische digitale Präsenz mit überraschenden Qualitäten.
Könnte man von typographischem Storytelling sprechen?
Storytelling ist immer der Schlüssel unserer Arbeit. Dabei ist es wichtig, dass die Geschichte, die erzählt wird, dem Kunden gerecht wird. Bei diesem Projekt konnten wir auf ein 80-jähriges Archiv zurückgreifen und die Marienlyst Display basiert auf dem Konzept „The story continues“ – dies steht für Transformation und Bewegung zwischen Geschichte und Zukunft.
Damit stand die Typographie auch im Zentrum der Identität, oder?
Das Schriftbild ist ein wichtiger Bestandteil der Marke; es nimmt Bezug auf die Architektur des NRK und seine unverwechselbaren visuellen Qualitäten. Die Grundform ist von der Architektur des Kringkastingshuset (KKH) und des Store Studios inspiriert. Der Kontrast zwischen der wuchtigen quadratischen Form des KKH und der organischen Asymmetrie des Store Studios zeigt sich in den Buchstabenformen. Eine Anspielung auf das NRK-Logo findet sich in der Minuskel „r“, die auch in den Originalzeichnungen von Paul Renners Futura aus dem Jahr 1927 zu finden ist. Diese entstand ja zu der Zeit, als der Architekt Nils Holter das KKH entwarf. Die denkmalgeschützte Fassade spiegelt sich darin wider: So bleibt die äußere Form der Buchstaben erhalten, während die innere Form eine Umwandlung erfährt und damit symbolisiert, dass das Gebäude bald mit neuem Leben erfüllt wird.
Wie wichtig kann ein individuelles Schriftbild für Unternehmen heute sein?
Die Bedeutung hängt vom Kunden und von der Verwendung ab. Ein Custom Font kann für große Unternehmen, die viele Nutzer haben und unterschiedliche Medien damit bespielen, von Vorteil sein. Zugleich kann eine unverwechselbare Schrift dabei helfen, sich von anderen Unternehmen deutlich abzuheben.
Bei dem Projekt Marienlyst wussten wir schon früh, dass die Schrift eine wichtige Rolle als Geschichtenerzähler spielen würde und sie deshalb maßgeschneidert sein muss.